Unterach, Salzburg, Freitag, der 11. August 2000:
Endlich war mein letzter Arbeitstag vor meinem dreiwöchigen Jahresurlaub gekommen. Wenn’s auch nicht die ersten drei Wochen im August waren, in welchen ich früher, als ich noch bei ABB gearbeitet hatte, Urlaub nehmen konnte, so waren es wenigsten die letzten drei Augustwochen, die ich nun wieder richtig Urlaub machen konnte. Wobei richtig Urlaub machen auch mehr als übertrieben ist, denn ich musste nun einfach nur drei Wochen einfach nicht arbeiten. Mehr aber schon nicht. Denn wirklich in den Urlaub fahren, irgendwohin in den Süden fliegen, oder dergleichen, das konnte ich mir ohnedies nicht leisten. Aber das störte mich weiter nicht. War ich es erstens ohnedies nicht gewohnt und zweitens lebte ich damals noch in einer Urlaubsregion, welche für andere ein Urlaubsziel ist. Ich wohnte schon dort, und früher hatte ich das auch teilweise richtig genossen. Andererseits wollte ich es auch nicht, mich für ein, zwei Wochen ganz zu verabschieden und wegzufliegen. Denn dazu beschäftigten mich meine Sorgen und den Betrieb zu Hause etc. viel zu sehr. Vielleicht war dies auch falsch gedacht, aber dann käme noch dazu, ich hätte es mir auch finanziell gar nicht leisten können, wegzufliegen oder dergleichen.
Am Vormittag trafen dann auch die Angebote für den Neu- und Umbau des Krankenhauses in Hallein im Büro ein, welche nun zu prüfen wären und ein Vergabevorschlag darauffolgend zu erstellen wäre. Aber dazu kam unsere Chefin Krista K. extra noch zu mir an den Arbeitsplatz, nicht nur um mir das Eintreffen der Angebote mitzuteilen, sondern mir auch zu versichern, dass die Prüfung der Angebote nun während meines Urlaubs von den Kollegen erledigt werde und ich mir darum keine Gedanken machen müsste. Worüber ich nicht unglücklich war, denn dies war immer einer meiner unbeliebtesten Aufgaben bei einer Vergabe. Wenn ich aus dem Urlaub zurückkommen werde, dann könnte sein, dass sogar bereits ein Auftrag vergeben wäre, versicherte mir Krista K. Daher konnte ich mittags eigentlich richtig zufrieden über meine Ergebnisse in der Arbeit in den wohlverdienten Jahresurlaub gehen. Wenn da nur nicht „das Problem“ in meiner alten Heimat gewesen wäre. Denn dann wäre ich nicht beinahe richtig zufrieden gewesen.
Auch meinen „Geschäftsdienst“ im Laden des Unternehmens mit meinem Bruder hatte ich mittlerweile beinahe vollkommen abgegeben, den dazu hatte ich meinem Bruder zu verstehen gegeben, er müsse selbst vollinhaltlich das gesamte Unternehmen leiten und könne sich nicht weiter darauf verlassen, dass auch ich immer wieder einmal darin tätig werde. Auch wenn ich immer noch als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens eingetragen war. Weshalb ich alles dann doch nicht abgeben wollte. Aber meine regelmäßigen Tätigkeiten, wie dieser „Geschäftsdienst“ meist an Freitagnachmittagen und Samstagvormittagen hatte ich längst nicht mehr ausgeübt.
Am Abend stand ich dann eben wieder, wie üblich, an dieser Schirmbar am Dorfplatz bei der Weinschenke. Aber das sah mich an diesem Abend gar nicht an. Auch dieses Theater in Mondsee mit dieser Bedienung im Lokal des „verrückten Wirtes“ hing mir nun schon zum Hals heraus. Von diesem Herumgetue, diesen ständigen Intrigen und „Spielereinen“, das wollte ich nicht mehr. Ich wollte nun einfach wieder einmal nur Urlaub in meiner alten Heimat machen, wie früher. Ohne mich ständig mit Angelegenheiten beschäftigen zu müssen, welche nur belastend sind.
Daher beschloss ich kurzerhand einfach wieder nach Salzburg zurückzufahren, um den Rest des Abends dort zu verbringen. In die Stadt zu gehen und dort dann wieder einmal so richtig auszugehen. Auch wie früher. Ohne mich mit irgendetwas Belastendem beschäftigen zu müssen.
Dort erwartete ich eigentlich, dass die Stadt mit Nachtschwärmern regelrecht überfüllt wäre. Ist doch nun noch dazu ein verlängertes Wochenende, da am Dienstag ein Feiertag ist. Aber dem war gar nicht so. So steuerte ich zunächst in dieses „Pepe Gonzales“ in der Steingasse in der Innenstadt. Dort verstand ich mich mit einem der Aushilfskellner, welcher meist nur an Freitagabenden arbeitete, relativ gut, auch wenn ich ihn nur vom Sehen her kannte und mir auch seinen Namen daher nicht merkte. Aber mit ihm hätte ich wenigstens, sollte dort das Lokal überfüllt sein, wovon ich eigentlich ausgegangen wäre, eine Anlaufstelle, um schnell an mein Getränk zu kommen und gelegentlich auch ein Wort wechseln konnte, ohne mich mit Gästen, welche ich erst kennenlernen müsste, zu unterhalten. Das machte Vieles einfach einfacher. Denn wenn man viel alleine ausgeht, dann braucht es dazu auch etwas Strategie, um nicht eher deplatziert in überfüllten Lokalen herumzuhängen. Und diese Strategie hatte ich längst.
Da das Lokal allerdings nicht überfüllt, sondern nur gut besucht war, war dies für mich noch deutlich angenehmer, als ich es zuvor erwartet hatte. Jener Aushilfskellner, den ich erwartet hatte, schien auch nicht erfreut zu sein, mich wieder einmal zu sehen, hatte ich mich doch ab beginn des Sommers aus Salzburg abends zurückgezogen. Daher bekam ich auch schnell mein Getränk und ich unterhielt mich mit ihm, verstand ich mich doch mit ihm auch relativ gut.
Doch dann betrat eine attraktive junge Frau mit südländischem Aussehen alleine das Lokal und setzte sich an die Bar und es dauerte nicht lange, da war schon der Blickkontakt hergestellt. Wenig später stand ich schon bei ihr an der Bar und unterhielt ich mit ihr. Eine Brasilianerin, wie sich dabei herausstellte. Mit ihr blieb ich noch eine Weile in diesem Lokal.
Doch dann wollte sie noch weitere Lokale, vor allem Bars, sehen, weshalb wir in die Bar „Saitensprung“ wechselten. Damals hatte ich noch mit niemanden der Bediensteten in dieser Bar etwas zu tun. Dort kannte ich die meisten lediglich vom Sehen her. Doch eines viel mir schon damals auf, besonders begeistert schienen die beiden Kellner in diesem Lokal nicht zu sein, als ich mit meiner Begleitung an der Bar saß. Auch wenn wir dort keinesfalls unangenehm aufgefallen wären. Es war eher das Unverständnis dafür, wie es sein konnte, dass gerade ich nun hier mit dieser jungen attraktiven Frau an der Bar saß. Allerdings hatte ich mir damals darüber noch überhaupt nicht den Kopf darüber zerbrochen, was dies bedeuten könnte. Daher blieben wir auch dort noch eine Weile.
So einfach wäre es! Überhaupt kein Vergleich mit diesem ewigen Herumgetue, mit diesem Theater, mit diesen Kindereien in meiner alten Heimat. Man muss sich eben nur wie Erwachsene benehmen, dann gäbe es dies nicht.
(2023-05-03)