Mondsee, Dienstag, der 7. Dezember 1999:
Auch an diesem Vorabend meines Geburtstages besuchte ich abends die Kneipe von Ralph in Mondsee – seine Schlossbar. Doch an diesem Abend waren, im vergleich zum Jahr davor, nur wenige Gäste anwesend. Wahrscheinlich lag es daran, dass der Feiertag in Diesem Jahr auf einen Mittwoch fiel und es daher kein verlängertes Wochenende gab.
Daher stand ich beinahe alleine an der Bar und unterhielt mich mit Ralph. Doch kaum war Mitternacht vorüber, ich mittlerweile der der einzige Gast im Lokal, meinte er, ich hätte doch, wenn er sich richtig erinnert, nun Geburtstag. Daher meinte er, wir könnten doch gemeinsam, eigentlich wie im Jahr zuvor, noch ins „K.u.k. Postamt“ gehen und dort auf meinen Geburtstag anstoßen. Mit Geburtstagsfeiern hatte ich es zwar ohnedies nicht besonders, doch dafür war ich immer zu haben. Auch war ich an diesem Abend nicht besonders gut aufgelegt, weshalb ich auch nicht gerade traurig war, als kaum etwas in diesem Lokal los war. Doch, wie gesagt, dafür war ich immer zu haben. Auch an schlechten Tagen. Dies könnte sich ja zudem sehr rasch auch wieder ändern.
Zudem war das Verhältnis zu Ralph seit Ostern deutlich schlechter geworden, wenngleich sich dies zwischendurch immer wieder verbessert hatte, daher fand ich es auch ganz gut, mit ihm nun noch etwas zu unternehmen. Denn als Freund hätte ich ihn zwar nie wirklich bezeichnet, wenngleich wir uns eben bis Ostern ziemlich gut verstanden hatten und ich auch wegen ihn dieses Lokal stets besucht hatte. Traf ich hier zwar immer wieder ausreichend viele Leute, die ich gut kannte und auch froh darüber war, sie zu treffen. Doch wenn ich eben einmal niemand traf, dann war immer noch er da, mit dem ich mich unterhalten konnte und auch dies manchmal durchaus Spaß gemacht hatte.
So meinte Ralph, er würde noch schnell zusammenräumen. Daher sollte ich schon einmal vorgehen, wenn ich ihm nicht bei dieser Arbeit zusehen möchte. Schließlich wäre ich es ohnedies gewohnt, alleine ein Lokal aufzusuchen, daher könnte ich doch schon einmal vorgehen, er würde dann gleich nachkommen.
Daher brach ich auf und ging zu Fuß durch den Schlosshof, vorbei an meinem dort geparkten Auto, hin zu diesem Durchgang zur Herzog-Odilo-Straße um dann gleich ins „K.u.k“ zu kommen. Doch als ich an meinem Fahrzeug vorbeikam, dachte ich mir, mein Auto steht aber heute seltsam schräg auf dem Parkplatz. Zunächst dachte ich mir nichts weiter dabei. Denn schließlich ist der Innenhof im „Schloss Mondsee“ mit Kopfsteinpflaster ausgelegt, weshalb ich mir dachte, da stünde ich eben heute ungünstig mit einem Rad in einer Vertiefung, oder vielleicht auf der anderen Seite auf einem Stein, der etwas zu hoch aus dem Boden ragt. Daher ging ich einfach weiter.
Als ich dann das „K.u.k.“ betrat, standen direkt am Eingang, ebenfalls wie im Jahr zuvor, Eva K. und deren Gruppe. Jedoch dieses Jahr mit ihrem mittlerweile zwar nicht mehr so neuen Freund. Kaum hatte ich sie entdeckt, dachte mir noch, ob ich sie nicht vielleicht grüßen sollte, da sah ich in allen einen riesengroßen Grinser im Gesicht. Daher dachte ich mir, na dafür habe ich allerdings heute nun wirklich keine Lust mehr. Daher drehte ich stehenden Fußes wieder um und verließ das Lokal. Zwar etwas in der Sorge, ob meine Reaktion auf deren Anwesenheit nicht als etwas seltsam empfunden werden könnte, aber je länger ich darüber nachdachte, desto egaler wurde mir dies. Denn diese dämlichen Gesichter wollte ich nun nicht auch noch den Rest des Abends sehen.
Darum wollte ich nun wieder zu Ralph in sein Lokal zurückgehen, um ihm zu sagen, wir sollten dies doch besser auf einen anderen Tag verschieben und nachholen. Doch kaum kam ich nun wieder am Rückweg an meinem Auto vorbei, dachte ich mir schon wieder, mein Auto gefällt mir heute gar nicht, wie es derart schräg am Parkplatz steht. Daher ging ich nun nicht wieder einfach vorbei, sondern sah nach, woran dies liegen könnte. Mittlerweile waren andere Fahrzeuge, die zuvor noch neben meinem Wagen geparkt hatte, weggefahren, daher konnte ich auch einfach nachsehen.
Aber kaum kam ich an die Beifahrerseite meines Autos, da sah ich schon, was geschehen war. Mein linker Vorderreifen hatte überhaupt keine Luft mehr. Da berührte schon die Felge den Boden. Daher war ich nun richtig angefressen. Denn ein Zufall konnte dies nun wirklich nicht sein, kam ich doch mit meinem Auto zuvor aus Salzburg, fuhr daher eine relativ lange Strecke, und nun, nach diesen wenigen Minuten, die ich nun in Mondsee war, war die Luft aus meinem Reifen derart schnell ausgegangen, sodass das Auto bereits auf der Felge stand. Es musste also wieder böswillig herbeigeführter Platten an meinem Auto sein. Mittlerweile allerdings schon der Sechste – und dies in nicht einmal zwei Jahren!
Nun stand ich da und wusste zunächst nicht recht was ich tun sollte. Denn mein Fahrzeug hatte die schlechte Angewohnheit, dass jedes Mal, wenn ich die Räder wechselte, mindestens an einem Rad die Bolzen festgefressen waren, sodass diese mit der Hand, auch nicht mit einem Kreuzschlüssel aufzubringen waren. Deshalb musste ich mir schon den ÖAMTC rufen, als ich solch einen Vorfall schon einmal hatte, nur um auf das Ersatzrad wechseln zu können.
Daher dachte ich mir, nun gehe ich erst einmal zu Ralph, um ihm mitzuteilen, dass es mit dem Anstoßen auf meinen Geburtstag heute nichts mehr wird. Ich allerdings nun auch noch feststellen musste, dass mir offenbar jemand einen Reifen am Auto zerstochen hatte, weshalb ich nun auch noch einen Platten habe und somit gar nicht mit meinem Auto nach Hause fahren kann.
Da fragte mich Ralph, was ich denn da nun tun werde. Er könnte mir nämlich anbieten, mich nach Salzburg mitzunehmen. Schließlich wohnten wir in Salzburg Prasch in der gleichen Straße, in der lediglich die Bahngleise zwischen unseren Wohnhäusern, verbunden mit einer Fußgängerunterführung dazwischen lagen. Morgen könnte er mir zudem anbieten, mich auch wieder nach Mondsee mitzunehmen, allerdings würde ich dann erst wieder am Abend hier sein. Somit müsste ich nicht in der Nacht den Reifen wechseln.
So nahm ich sein Angebot, mich nun nach Salzburg mitzunehmen, gerne an, wollte dann aber ich Laufe des Tages mit dem Bus wieder zurück nach Mondsee fahren, um mich dann am Tag darum kümmern, mein Auto wieder nach Hause zu bringen.
Als ich dann mit ihm nach Salzburg fuhr, fragte er mich, was ich denn nun unternehmen werde, nachdem es für mich klar sei, dass mir hier einfach der Reifen aufgestochen wurde. Doch was sollte ich unternehmen. Auch wenn dieses Grinsen der gesamten Gruppe um Eva K., inklusive ihres Freundes, mehr als auffällig war, mehr als ein müdes Lächeln von der Polizei würde ich dort auch nicht erhalten. Schließlich könnten dies viele andere auch gewesen sein und deren Grinsen aus ganz einem anderen Grund aufgesetzt wurde.
Jedoch war ich nun richtig angefressen. Denn dies war eben schon der sechste Platte an meinem Auto – und das in nicht einmal zwei Jahren. Das geht mittlerweile auch ins Geld. Denn meist war der Reifen deshalb derart kaputt, sodass dieser nicht mehr zu reparieren war und ich mir deshalb mindestens einen neuen Reifen kaufen musste.
Zudem hatte ich nun von all diesem kindlichen Getue, all diesen Gerüchten und Intrigen, die unvorstellbar seltsamen Reaktionen darauf, aber gerade auch die aggressive Art, wie von manchen nur auf meine Gegenwart reagiert wurde, die Schnauze restlos voll. Ich wollte nun mit all diesen Einheimischen hier in der Region einfach nichts mehr zu tun haben. – Ich habe mich fürchterlich aufgeregt. Ich kannte Mondsee mittlerweile viele Jahre, wusste, dass es hier etwas sehr engstirnig zugehen würde, aber damit, aber auch sonst mit dem Verhalten mir gegenüber in gerade diesem Jahr, hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Von nun an werde ich mich hier nur mehr gelegentlich blicken lassen, um nicht den Eindruck zu erwecken, man hätte mich hier erfolgreich vertrieben, aber irgendwann werde ich dann wohl hierher gar nicht mehr kommen.
Aber auch Ralph meinte, er hätte in den letzten Jahren, in welcher er nun hier in Mondsee sein Lokal gepachtet hatte, derart schlechte Erfahrungen mit Einheimischen gemacht, sodass er mittlerweile auch von allen die Finger lässt. Jeden nur mehr korrekt behandelt und nie weiter geht als dies unbedingt erforderlich sei. Dies sei es einfach nicht wert. Wobei ich ihm vollinhaltlich recht geben musste.
Der Abend hatte es wirklich in sich. Denn Drohungen hatte ich ja schon mehr als genügend erhalten. Wenngleich ich diese, zumindest von jenen, die sie mir gegenüber vorgebracht hatten, nicht besonders ernst genommen hatte. Denn diese Leute erweckten auf mich nicht den Eindruck, als wären sie gewallt bereit. Aber sich dann einfach an meinem Auto zu vergehen, einfach mir irgendetwas einen Reifen aufzustechen, damit ich danach möglichst viele Probleme habe, das fand ich nun derart primitiv, sodass ich nun einfach nicht mehr wollte.
(2022-09-15)