„Heute gibt’s keine Batterien für den Rasierapparat“
Unterach, Freitag, der 11. Juni 1999:
Nun arbeitete ich zwar seit Mitte Mai wieder ganztags, aber den Geschäftsdienst im Laden des kleinen Unternehmens für Elektroinstallationen in Unterach, hatte ich mir einfach nicht nehmen lassen. Dabei bediente ich die Kunden, welche in den Laden kamen und Kleingeräte, Leuchtmittel, Batterien und auch Installationsmaterial für Arbeiten, welche sie selbst zu Hause durchführten, kauften. Ich wollte mir dies einfach nicht nehmen lassen, denn schließlich war ich ja als gewerberechtlicher Geschäftsführer für dieses Unternehmen im Firmenbuch eingetragen und so hatte ich zudem auch mehr Einblick darüber, was die Woche über in diesem Unternehmen geschehen war. Nun, da ich allerdings selbst wieder ganztägig in einem anderen Unternehmen, in diesem Zivilingenieurbüro beim Hopferl in Salzburg, beschäftigt war, konnte ich diesen Geschäftsdienst aber nur mehr am Freitag Nachmittag und Samstag vormittags ausüben.
So begab ich mich auch wieder an diesem Freitag Nachmittag, nachdem ich meine Arbeit in diesem Ingenieurbüro beendet hatte, nach Unterach um dort ab 15:00 Uhr das kleine Geschäft in unserem Unternehmen aufzusperren. Da ich schon kurz nach Mittag weggefahren bin, war ich schon viel eher in Unterach angekommen, als ich es hätte müssen. Daher traf ich noch meinen Bruder dort an. Aber kaum kam ich in mein ehemaliges Elternhaus, empfing mich mein Bruder mit den Worten,
„heute gibt’s keine Batterien für den Rasierapparat!“
und lachte dabei. Mir war sofort klar, was er damit meinte, denn wir hatten beinahe jeden Freitag Nachmittag, kurz nach 15:00 Uhr, Kundschaft im Laden, welche einst eines Tages mit einem Lächeln im Gesicht Batterien für so ein Ding wie einen Rasierapparat kauften. Wir hatten uns dabei damals beinahe kaputt gelacht. Es handelte sich dabei jeweils um Damen des örtlichen Etablissements „Zur Förderung des persönlichen Wohlbefindens“, oder so ähnlich – ich weiß nicht mehr genau, wie dieser Verein, als welcher dieses Bordell angemeldet war, tatsächlich hieß. Nun musste ich selbst lachen und fragte ihn,
„wieso?“
Daraufhin meinte er mit nun doch etwas ernster Miene,
„wir hatten heute schon einen Einsatz der Cobra im Ort. – Bei denen. – Es geht um angebliche Waffenschiebereien im Krieg im ehemaligen Jugoslawien, in welche dieser Richy S. involviert sein soll.“
Daraufhin ich,
„echt? – Und da geht halb Unterach hin?“
Er,
„ja!“
Bei diesem Richy S. handelt es sich übrigens um jenen Mann, welcher im Jahre 2014 im bisher größten Mafiaprozess Österreichs vor Gericht stand, worüber auch in allen Medien in Österreich sehr ausführlich berichtet wurde, und in den 1990er Jahren noch als Zuhälter in diesem Etablissement in Unterach tätig war.
Ich weiß nicht mehr ganz genau, ob sich dies wirklich an diesem 11. Juni 1999 zugetragen hat, aber nach all meinen Aufzeichnungen und den Zusammenhängen, welche sich daraus ergeben, muss es zumindest im Juni 1999 gewesen sein. Und, da ich fest der Meinung bin, dies war bereits Anfang Juni und an keinem Fenstertag, kann es eigentlich nur der 11. diesen Monats gewesen sein. Aber da es sich dabei um einen Cobra-Einsatz handelte, dieser Spezialeinheit der Polizei in Österreich, und Richy S. ja erst vor 4 Jahren in Wien vor Gericht stand, könnte man dies sicher jederzeit genau nachverfolgen. Zudem bin ich der Meinung, auch darüber gab es damals Berichte in den Medien, ich hatte sie allerdings bisher vergeblich im Internet gesucht.
Am Abend, ich blieb nach meinen Geschäftsdienst in Unterach, ging ich in das örtliche Weinlokal am Hauptplatz. Das Lokal war an diesem Abend nicht besonders gut besucht. Zudem herrschte eine etwas bedrückte Stimmung. Ich wusste ja, dass der Wirt, Andreas M., in diesem Etablissement Stammgast war. Dort besuchte er immer seine „Schnuckis“, wie er die Damen dort nannte. Ich hatte an diesem Abend lediglich vernommen, er wolle gleich mal wieder „rauf schauen“, wie er es nannte. Immerhin ist dieses Etablissement nur über einen Weg mit 72 Stufen zu erreichen, wie es dazu von vielen Gästen hieß.
Danach fuhr ich noch nach Mondsee und ging in das Lokal von Ralph T., seiner Schlossbar. Aber kaum betrat ich sein Lokal, überfiel er mich schon mit einem riesen Gelächter und meinte dabei, wie es denn sein könnte, dass ich schon wieder raus sei und sonstigem Blödsinn, welchen er in seinem Spaß von sich gab. Ich wusste zunächst überhaupt nichts damit anzufangen, aber dann erzählte er mir von diesem Einsatz der Cobra in Unterach. Dabei war ich mehr als verwundert, wie genau er darüber Bescheid zu wissen schien. Es hatte mich überhaupt gewundert, wie schnell sich solch ein Ereignis verbreitet. In solch einem kleinen Dorf wie Unterach mag sich so eine Nachricht schnell verbreiten, aber wie er dazu kam, dass verwunderte mich nun doch sehr. Er faselte dann noch etwas über Mafia in diesem Zusammenhang, lachte zwar darüber, hörte aber auch nicht mehr auf, mich darauf immer wieder anzusprechen, bis ich ihm dann erklärt hatte, dass ich noch nie in diesem Etablissement war.
Etwas verwundert über die Kreise, welche dieses Ereignis gezogen hatte, fuhr ich danach wieder nach Hause.