Ein Abwerbungsversuch?
Mondsee, Donnerstag, der 3. Juni 1999 – Fronleichnam:
Wieder einmal war ich am Abend im Lokal von Ralph T., in seiner Schlossbar. Ich war allerdings nur wenige Minuten in diesem Lokal, stellte mich, wie üblich, an die Bar, unterhielt mich ein wenig mit Ralph, da ging die Tür auf, ein junger Mann kam herein und stellte sich neben mich an die Bar und wenige Minuten später begann er sich auch schon mit mir zu unterhalten. Damals war ich selbst noch so, dass ich mich beinahe mit jedem unterhielt, egal wer er war. Im Laufe des Gespräches stellte sich dann ohnedies meist heraus, wie ich ihn einzuschätzen hätte und wie weit ich denjenigen dann auch an mich ran lassen kann. Aber dieser Mann schien relativ viel über mich zu wissen. Zumindest über meinen beruflichen Werdegang, wo ich nun arbeite und auch was ich bisher in meinem Berufsleben alles erlebt hatte. Grundsätzlich wunderte mich dies vorerst nicht weiter, denn damals gab es eine ganze Truppe von freiberuflichen Ausländern, meist alles Ingenieure der Elektrotechnik, welche für Nokia arbeiteten und an der Errichtung des Mobilfunknetzes in Österreich beteiligt waren. Es gab damals dafür auch eine eigene Geschäftsstelle in Mondsee. Und gerade mit diesen Leuten, meist waren es Engländer, aber sie kamen auch aus vielen anderen Ländern, hatte ich mich sehr oft auch über berufliches Unterhalten. Manchmal hatte wir dabei sogar riesen Spaß in diesem Lokal.
Aber, irgendwie passte dieser Mann überhaupt nicht zu denen. Trotzdem wusste er über mich relativ viel und begann mich zudem auch noch regelrecht über meine Arbeit auszufragen. Daher wollte ich selbst wissen, mit wem ich es zu tun habe und er erklärte mir, er würde für ein Büro in einer Stadt nahe Stuttgart in Baden-Württemberg, genau gesagt in Reutlingen, arbeiten, welches im Bereich des Projektmanagements bei Hochbauarbeiten tätig ist. Nun wäre dies schon damals genau jene Tätigkeit gewesen, welche mir selbst am besten liegen würde, daher war ich auch sehr interessiert an diesem Gespräch. Ich wurde allerdings trotzdem nicht schlau, weshalb sich dieser Mann unbedingt über mich und meine Arbeit unterhalten wollte. Daher war ich schon fast der Meinung, er möchte mich vielleicht gar für dieses Büro abwerben, aber kaum hatte ich diesbezüglich auch nur geringste Andeutungen gemacht, reagierte er äußerst abfällig darüber. Trotzdem erwähnte er immer wieder, wie toll doch diese Arbeit für ihn wäre.
Nachdem ich allerdings überhaupt nicht schlau wurde aus ihm, begann ich immer mehr Desinteresse an diesem Gespräch zu zeigen und ließ ihn immer mehr links liegen. Das Gespräch dauerte beinahe eine ganze Stunde lang, aber dann meinte ich zu ihm, nun hätte ich erst gerade vor drei Wochen in einem Planungsbüro in Salzburg eine neue Arbeit begonnen, daher werde ich diese Tätigkeit wohl auch in der nächsten Zeit ausüben und, da er aus Baden-Württemberg ist, werde ich wohl auch in absehbarer Zeit auch kaum etwas mit ihm zu tun haben, daher hatte ich das Gespräch nun regelrecht abgewürgt. Selbst Ralph fragte mich noch, wer denn dies gewesen sei, denn er meinte ich hätte ihn gekannt, hatte ich mich doch relativ lange und intensiv mit ihm unterhalten.
Ich ließ denn Mann dann allerdings endgültig links liegen, aber er stand dann noch einige Zeit neben mir an der Bar, verschwand dann allerdings wieder.
Es würde 15 Jahre dauern, bis ich diesen Mann wiedersehen würde, aber ich würde ihn wieder sehen, dann war mir klar, was er von mir wollte. Dabei erfuhr ich auch seinen ganzen Namen – es war Dirk A.
(2018-06-28)