„Den Nokia Club gibt es immer noch!“
Unterach, Samstag, der 12. Juni 1999:
Am folgenden Tag war ich am Abend wieder in dieser Weinschänke am Dorfplatz. Das Lokal war relativ gut besucht, als ich es gegen zehn Uhr betrat, daher fand ich nur mehr einen Stehplatz an der kleinen Bar, direkt vor der kleinen Theke am Rand der Bar. Ich hatte gerade mein Pils bekommen, da betrat Peter W. mit ein paar Freunden das Lokal und sie stellten sich an den kleinen Stehtisch direkt gegenüber der Bar an der äußeren Wand des Lokals. Andreas M. hatte gerade deren Bestellung aufgenommen und damit begonnen deren Getränke vorzubereiten, da stand er plötzlich da, setzte ein Grinsen auf als hätte er gerade eine regelrechte Genugtuung erfahren, blickte in Richtung von Peter W. und meinte dann,
„den Nokia Club gibt es immer noch!“
Darauf Peter W. schien zu wissen, was er damit meinte und fragte,
„und was war sonst?“
Darauf Andreas M.,
„nichts! – Alles beim Alten! Nur Richy hat gehen müssen!“
Nun stand ich direkt daneben, bekam dies mit und dachte mir, das gibt es doch nicht. Der war gestern gleich wieder in diesem im Dorf ohnedies berüchtigten Puff, um nachzusehen, was den am Vortag bei dieser Razzia in diesem Bordell alles vorgefallen war. Zudem war auch mir klar was er damit meinte und ich mischte mich in deren Unterhaltung quer über die Bar ein und meinte,
„und dann gehst Du immer noch dort hin?“
Andreas M. reagierte etwas abfällig über meine Äußerung, ging allerdings darauf nicht weiter ein und dann Peter W. weiter,
„Warum?“
„Der hat dabei eigenmächtig gehandelt und das wollen die nicht! – Das wird nämlich von der wirklichen Mafia betrieben und die lassen es nicht zu, dass das jemand macht, ohne ihre Zustimmung!“
Wie man eben in einer Weinschänke, mitten am Dorfplatz so spricht in solch einem Ort!
Wegen dieser abfälligen Reaktion von Andreas M. wollte ich mich nicht weiter in deren Unterhaltung einmischen, lauschte ihnen allerdings aufmerksam zu.
Nun hatte ich nie auch nur irgendetwas mit diesem Richy S. zu tun, ich wusste lediglich nur, wer er ist. Denn, als ich noch bis September 1995 jeden Morgen um sieben Uhr von Unterach in die Arbeit nach Salzburg fuhr, kam mir beinahe jeden Morgen, stets im Bereich der engen Bundestraße am Mondsee ein dunkelfarbener Golf mit einem sehr auffälligen Kennzeichen S-RICHY 1 entgegen. Und, da ich immer wieder von einem gewissen Richy zu hören bekam, gerade von jenen im Dorf, welche beinahe regelmäßig dieses Bordell besuchten und auch noch stolz darauf waren, weil sie ja dadurch als ganz besondere Hechte gelten wollten, hatte ich einmal nachgefragt, wer denn dies sei und ob man diesen Richy auch gelegentlich im Dorf sehen würde. Dabei stellte sich eben heraus, dass dieser Richy eben gerade jener ist, welcher mir beinahe jeden Morgen, um die gleiche Zeit, beinahe auch immer an der gleichen Stelle mit seinem bräunlich oder anthrazitfarbenen 2er Golf entgegenkam. Dabei war er wohl jeden Morgen von Salzburg aus auf dem Weg nach Unterach in dieses Bordell, um dort nach dem Rechten zu sehen und auch sein Geld einzukassieren. Daher wusste ich, wer dies ist und wusste zudem, wie er aussah, obwohl ich nie mit ihm etwas zu tun hatte.
Ich blieb an diesem Abend noch etwas länger in der Weinschänke, denn woanders wollte ich ohnedies nicht mehr hingehen. Als dann Peter W. und seine Freunde das Lokal wieder verlassen hatten und sich auch sonst die Plätze lichteten, setzte ich mich an einen der Barhocker am linken Rand der Bar im Eck, denn ich wollte mich auch noch etwas mit Andreas M. unterhalten. Also sich dieser wieder einmal ein Glas Wein einschenkte und er die Tische alle abgeräumt hatte, fragte ich ihn,
„bist Du nun vielleicht auch zur FPÖ gegangen und habt ihr da oben jetzt vielleicht einen Stammtisch von der Partei aufgestellt?“
Andreas M. sah mich etwas verwundert an und wusste nicht recht was er darauf sagen sollte, tat allerdings so, als ob ich ohnedies keine Ahnung haben würde und meinte nur,
„so ein Blödsinn!“
Aber dann meinte ich weiter,
„warum! Haider spricht doch auch immer wieder von der Buberlpartie als Nokia Club und daher könnte ja Euer Nokia Club auch durchaus etwas mit der FPÖ zu tun haben!“
Dann meinte er allerdings, in einer Art, so nach dem Motto, wie erkläre ich es diesem dummen Jungen,
„ja! Das gehört auch dazu, aber das ist ganz etwas anderes!“
Nun lief es mir zunächst eiskalt über den Rücken und ich wurde wahrscheinlich auch kreidebleich, als ich dies hörte, aber dann dachte ich darüber nach, was denn dies nun für mich bedeuten würde, war ich doch eigentlich auf der Suche danach, was es denn sein könnte, was mir das Leben derart schwer machen würde und wusste ich, auch dieser Andreas M. und seine Freunde gehören eben zu jenen, welchen es doch nicht unerhebliche Freude bereitet, da ich es offensichtlich im Leben nicht gerade leicht habe. Nun auch noch das! Allerdings, je länger ich nun stumm an der Bar darüber nachdachte, schien mir dies zunächst gar nicht so schlimm zu sein, denn wenn Parteifreunde der FPÖ niemals zu meinen Freunden zählen wurden, war mir dies auch gar nicht unrecht. Hatte und habe ich doch mit ihnen überhaupt nichts am Hut. Eines beunruhigte mich allerdings, als da Andreas M. meinte, diese Buberlpartie wurde AUCH dazu gehören und dies wäre ganz etwas anderen. Daher wurde ich gerade darüber sehr nachdenklich. Aber auch hier fand ich etwas Beruhigendes, denn hieß es nicht in der Unterhaltung zuvor, zwischen Peter W. und Andreas M., dieses Bordell würde von der wirklichen Mafia betrieben und die würden dies nicht gutheißen, wenn jemand wie Richy S. hier eigenmächtig mit seinen Waffenschiebereien im Krieg im ehemaligen Jugoslawien, weshalb ja diese Razzia am Tag zuvor stattfand, und er deshalb „gehen“ musste – was auch immer dies bedeuten mochte. Daher kam mir der Gedanke, die wirkliche Mafia könne dabei offensichtlich erst gar nicht dahinterstecken! Und dies schien mir doch sehr beruhigend. Daher kam ich an diesem Abend zum Schluss, ich muss wohl ganz besonders auf jene achten, welche zu dieser seltsamen Gruppe um Andreas M. und seine Freunde, sowie allerdings auch um Peter W., der damals noch dazu Gemeinderatsmitglied der SPÖ war, und ebenfalls dessen Freunde achten. Daher dachte ich mir, pass einfach auf, wer aller zu jenen gehört, achte darauf, wer sonst noch aller zu dieser Gruppierung gehört und halte dich um jeden Preis fern von ihnen, denn dies kann keines falls etwas Gutes sein! – Dies war die Ursache dafür, warum ich mich seit Sommer 1999 von allem fernhielt, was auch nur in irgendeiner Weise damit etwas zu tun haben könnte!
Ich war allerdings nun doch sehr schockiert, denn war dies doch ein kleiner, verschlafener Ort am südlichen Ende des Attersees und dann gibt es hier solche Sachen!
Ein kleines Detail noch am Rande zu dieser Angelegenheit mit Richy S. Als ich acht Jahre in die Grundschule ging, hatte ich einen Schulkollegen mit genau gleichen Namen, Richard S. Noch dazu saß ich von diesen acht Jahren, sechs Jahre neben ihm in der gleichen Schulbank. Nun ist dieser Richy S. eigentlich ein Kroate und hatte daher auch ursprünglich einen kroatischen Namen. Als dieser nun nach Österreich kam und schon längere Zeit in Salzburg lebte, heiratete er offensichtlich eine Kusine meines Schulkollegen, so wurde mir dies immer wieder in all den Gesprächen um diesen ominösen Richy S. erklärt, und nahm nicht nur deren Familiennamen an, sondern änderte dabei auch seinen Vornamen in Richard. – Naja. So geht es einem eben. Man ist so unbedarft und geht einfach mit sechs Jahren in die örtliche Volksschule, ist dabei auch noch so leichtsinnig und setzt sich am ersten Schultag neben jemandem, den man schon vor der Schule gekannt hatte, schon hat man es mit der Mafia zu tun!
(2018-09-30)