Mondsee, Montag, der 5. April 1999, Ostermontag:
Nachdem ich selbst am vergangenen Donnerstag, nach meinem Sturz beim Skifahren, abends noch aus war, blieb ich dann doch über das ganze Wochenende zu Hause. Die Schmerzen schienen nicht weniger zu werden und es sah beinahe schon aus, als hätte ich mich doch etwas schwerer verletzt, als ich zunächst gedacht hatte. Doch an diesem Tag ging es nun endlich wieder. Die Schmerzen waren zwar noch nicht vollständig verschwunden, aber zu Hause bleiben wollte ich nun nicht mehr. Daher war ich an diesem Abend auch wieder in Ralphs Schlossbar in Mondsee.
Doch kaum hatte ich das Lokal betreten, kam Ralph lachend auf mich zu und meinte,
„W.! – Du heute Da? – Da hast Du etwas verpasst am Wochenende!“
Ich, ganz verwundert über dessen Empfang, fragte ihn sofort, was ich denn verpasst haben sollte. Hatte ich ihm doch letzten Donnerstag selbst noch erklärt, dass ich beim Skifahren einen Sturz hatte und ich mich deshalb kaum bewegen konnte, weshalb ich wohl nun ein paar Tage Pause machen werde.
Aber er meinte,
„Eva K. war hier! – Mit ihrem neuen Freund! – Und die haben richtig gefeiert!“
Worauf ich ihn fragte, was ich denn dabei versäumt haben sollte, schließlich habe und hatte ich mit ihr bisher kaum etwas zu tun. Doch er meinte, es schien sogar so, als würden sie feiern, dass ich dabei ausgerutscht wäre, da ich eben wieder einmal nicht dagewesen wäre.
Nun war ich regelrecht angefressen, denn bis zuletzt hatte ich immer wieder zu hören bekommen, ich hätte etwas mit ihr zu tun, wobei dem allerdings nicht der Fall war. Daher habe ich ihm noch einmal erklärt, er wäre ja selbst mit dabei gewesen, als ich sie das letzte Mal getroffen hatte. Dies wäre an jenem Tag im Dezember gewesen, als wir auf meinen Geburtstag anstoßen wollte, sie jedoch mit ihren Freunden sofort das Lokal verlassen hatte. Seit diesem Tag hatte ich sie nicht einmal mehr gesehen!
Allerdings ließ Ralph nicht locker und lachte immer noch darüber, da ich nun, offenbar nur einem Tag danach, als diese „Feier“ in seinem Lokal stattgefunden hatte, bei ihm im Lokal war. Zudem meinte er, diese Eva hätte mich nun offenbar ordentlich ausrutschen lassen. Jedenfalls würden die Leute so darüber sprechen.
Und kaum hatte sich die Aufregung, als ich nun im Lokal stand, etwas beruhigt, musste ich tatsächlich feststellen, dass offensichtlich wirklich unter einigen große Freude darüber bestand, dass mich Eva K. nun derart „ausrutschen“ ließ. Weshalb ich noch viel mehr verärgert war. Denn mittlerweile fragte ich mich nur mehr noch, was das den bloß werden soll.
Nach und nach unterhielt ich mich mit Ralph weiter darüber. Viel mehr, er begann immer wieder darüber zu sprechen. Wobei er meinte, die Leute wären deshalb auch so froh darüber, dass mich diese Eva K. nun derart ausrutschen ließ, da es mit mir auch keinen Falschen träfe. Hätte ich doch an jedem Finger von beiden Händen mindestens zwei, drei Mädels laufen. Daher geschähe es mir ganz recht, wenn mir dies nun jemand antun würde. Doch dann würde er, Ralph, sich immer wieder denken, er kenne mich doch. Schließlich wäre ich mittlerweile sehr oft in seinem Lokal, und da würde ihm nichts dergleichen auffallen. Zudem hätte ich bei ihm bisher den Eindruck erweckt, als wüsste ich, was ich tue und sich gehörte. Aber dann wäre er sich doch auch immer wieder nicht mehr so sicher, derart viele solcher Geschichten würden ihm zugetragen werden. Wobei mir Ralph auch einige Namen nannte. Wobei wir allerdings meist erst einmal klären mussten, wer denn dies überhaupt sei.
Doch dazu meinte er, hier müsste ich jedoch aufpassen. Hatte doch erst kürzlich ein Gast aus seinem Lokal eine jener Mädels, wobei er mir auch noch den Namen nannte, worüber ich eben noch rätselte, wer denn dies überhaupt sei, spät abends, nachdem sie etwas zu viel getrunken hatte, nach Hause gebracht, und da stand auch schon der Ehemann mit dem Gewehr in der Haustür, als er sie aus dem Auto austeigen ließ. – Und da wären einige unter jenen, welche er mir zuvor nannte, bei welchen dies nicht anders wäre.
Ich selbst hatte ja auch schon unzählige solcher Geschichten zu hören bekommen, was ich denn nicht für ein Unhold sei. Doch daran war eben nichts dran.
Jedenfalls saß ich an diesem Abend ziemlich doof an der Bar. Zudem auch die ganze Zeit über alleine. Hätte ich mich nicht mit Ralph unterhalten können, dann wäre ich den ganzen Abend stumm an meinem Platz gesessen. Daher war ich nun ziemlich angefressen. Denn mit dieser Eva K. hatte ich nun wirklich überhaupt nichts zu schaffen – und wie ich nun in dieses seltsame „Vergnügen“ gekommen war, von ihr regelrecht 2gehörnt“ zu werden, das verstand ich schon gar nicht. Das war entweder die Dummheit dieses Mädchens, oder sie meinte tatsächlich, mit mir tun zu können, was sie wolle, mich regelrecht verarschen zu können.
Eines machte mich allerdings bezüglich diese „Feierlichkeiten“ rund um Eva K. vom Ostersonntag, dem Tag zuvor, noch zusätzlich stutzig. Denn ich hatte weder Eva K. noch ihre Freundin aus meinem alten Heimatdorf Angelika P. noch sonst irgendjemanden aus deren Umfeld zuvor jemals in diesem Lokal gesehen. Auch sonst niemanden aus den von mir als „Insidern“ bezeichneten Stammgästen aus anderen In-Lokalen in Mondsee. Dazu wurde Ralph T., der Pächter von „Ralphs Schlossbar“, viel zu wenig hier akzeptiert. Und das will etwas heißen. Denn mittlerweile waren es doch gut zweieinhalb Jahre, in welchen ich diese „Schlossbar“ sehr häufig und auch regelmäßig besuchte. Zwei, drei Male war ich mindestens jede Woche Gast in diesem Lokal, hatte allerdings nie jemanden aus diesem Umfeld hier gesehen. Doch nun, noch dazu genau an jenem Wochenende, da ich, wegen meines Sturzes beim Skifahren, zu Hause vor dem Fernseher lag und mich kaum bewegen konnte, fand plötzlich diese „Feier“ statt. Ich fand dies deshalb so seltsam, denn, wäre ich am Vorabend ebenfalls hier anwesend gewesen, dann hätte jeder sofort erkannt, dass es mir vollkommen egal ist, wenn diese Eva K. nun einen neuen Freund hat, und somit stünde ich nun nicht da, wie der größte Depp.
Daher schien es, als wäre dies wohl keinesfalls ein Zufall gewesen. Und da fiel mir sofort mein Bruder ein. Denn dieser wusste, dass ich mich am Donnerstag der Vorwoche beim Skifahren derart verletzt hatte, sodass ich mich kaum mehr bewegen konnte und deshalb nur zu Hause war. Zudem hatte er auch den entsprechenden Zugang zu jenen i Umfeld von Eva K., um ihnen dies auch entsprechend mitzuteilen. Ralph, der es ebenfalls wusste, dass ich mich letzten Donnerstag derart verletzt hatte, schied dabei aus. Denn es hätte ja trotzdem sein können, dass ich plötzlich in der Tür stand. Dann wäre dies ausgefallen. Aber bei meinem Bruder sah dies ganz anders aus. Denn er hätte auch sofort alle warnen können, wäre ich trotzdem abends unterwegs gewesen, bevor ich das Lokal betreten hätte. Dann wären eben rechtzeitig alle aus diesem Lokal verschwunden, bevor ich es betreten hätte.
Meinem Bruder hätte ich dies auch sofort zugetraut. Gerade nachdem ich es doch knapp ein Jahr zuvor selbst miterlebt hatte, wie Herbert K., der Vater von Eva K., zu meinem Bruder meinte, wenn er mich „wegbringen“ würde, dann werde ich Bürgermeister im Dorf werden. Und dass mein Bruder dies ebenfalls auch glauben würde, das traute ich ihm auch sofort zu. Er sofort auf diesen Zug aufspringen würde und all meine „Freunde“ mit ausreichend Informationen versorgt, damit diese etwas gegen mich unternehmen können. Ihm hatte ich es zudem auch am Samstagvormittag noch erzählt, dass ich wohl dieses Wochenende zu Hause verbringen werde und, falls meine Schmerzen bis Dienstag nicht besser werden, wohl zum Arzt gehen müsste, da ich mich wohl etwas schwerer verletzt hatte, als ich dies zunächst dachte. Er konnte es weitergegeben haben, dass es wohl kaum zu erwarten sei, dass ich an diesem Wochenende irgendwo abends auftauche. Und falls doch, dann hätte er alle jederzeit sofort warnen können.
Zudem war da noch dieses seltsame Grinsen von Herbert K. aus seinem Auto heraus, als ich ihm letzten Donnerstag begegnete, als ich gerade vom Skifahren zurück in mein altes Heimatdorf gekommen war und gerade ins Dorf eingefahren war.
Das schien also kein Zufall gewesen zu sein, dass diese „Feierlichkeit“ gerade an jenem Abend in diesem Lokal stattfand, als ich, durch Pech eben einmal nicht hier sein konnte. Das schien nun eher so auszusehen, als hätte man da nur mehr auf eine passende Gelegenheit gewartet, um mich derart doof dastehen zu lassen.
(2022-09-11, 2022-09-14)