„Wo hast‘ denn den her?“
Ich weiß nicht, wie lange und oft ich schon in dieses Lokal gegangen bin, aber eines weiß ich gewiss, vorher hatte ich nie mit dem Personal dieses Lokals etwas zu tu. Mit Personal aus einem Lokal hatte ich zuvor eigentlich nie etwas zu tun. Gut, wenn ich jemanden kannte, dann schon, aber sonst hatte ich mich immer von Personal eines Gastwirtschaftsbetriebes generell fern gehalten. Vielleicht irgendwie instinktiv. Ich wusste zwar meist wer die Personen sind, welche hinter der Bar, oder als Bedienung arbeiten, aber direkten Kontakt, vielleicht sogar Freundschaft hatte ich immer verbmieden. Der Einzige, mit welchem ich hin und wieder Kontakt hatte, war dieser Ralph aus „Ralphs Schloss bar“. Aber dies auch nur deshalb, weil er einfach ein ganz anderer Typ war, als all die anderen, welche ich kannte.
Nun ging ich doch relativ oft in dieses Lokal. Wenn man in der Gegend etwas am Abend erleben will, dann blieb einem auch fast nichts anderes übrig. Zumindest damals in den 1990er Jahren war dies so. Dieses Lokal hat auch nur in den Sommermonaten, von Mai bis September, offen, sodass sich hier, gerade in der Ferienzeit, eigentlich immer alles traf, was sehen und gesehen werden will und dabei auch noch etwas erleben will. Daher war dieses Lokal auch weit und breit bekannt. Von München bis Linz, ja sogar Wien, aus Salzburg sowieso, kamen die Stammgäste dieses Lokals. Trotzdem hatte ich mit niemandem des Personals und auch der Stammgäste, gerade jenen, welche immer gerne direkt beim Personal stehen, nichts zu tun. Mir waren diese Personen immer etwas suspekt. Sie wussten immer alles, ihr Auftreten – naja, man kennt dies ja, Selbstdarsteller wie sie im Buche stehen. Ich nannte sie immer „die Insider“. Das Lokal liegt zudem sehr günstig, in Mondsee, fast direkt am gleichnamigen See gelegen, mit dem Auto sehr gut zu erreichen und weit und breit kaum Anwohnen, sodass es auch kaum Beschwerden von Anrainern gibt.
Nun neigte sich der Sommer 1998 schon fast zu Ende und daher begab ich mich, wie eigentlich jedes Wochenende, am Freitag am Abend auf den Weg nach Unterach, in mein Elternhaus, um dort meine Mutter zu besuchen und das Wochenende dort zu verbringen, und am Weg nach Unterach. noch in dieses Lokal zu gehen. Es war der Vorabend der Saisonabschlussfeier in diesem Lokal, denn Mitte September wurde dieses Lokal, wie jedes Jahr, wieder für die Wintermonate geschlossen, daher muss es der 11. September 1998 gewesen sein. Am nächsten Tag wäre die große Saisonabschlussfeier in diesem Lokal gewesen, aber da ich eben mit diesen „Insidern“, und bei dieser Saisonabschlussfeier sind sie vollzählig in diesem Lokal vertreten, kaum etwas zu tun hatte und auch nicht haben wollte, trotzdem aber noch einmal vor der Winterpause in dieses Lokal gehen wollte, schaute ich an diesem Abend noch einmal vorbei. Ob ich dort jemanden treffen werde, war mir eigentlich egal, denn die Wahrscheinlichkeit war so hoch, schließlich ging ich in diesem Ort auch einmal 4 Jahre in die Schule, sodass ich mit Sicherheit jemanden treffen werde. Und so war es dann auch. Kurz nach Mitternacht traf ich in diesem Lokal ein und es dauerte nicht lange, bis ich die ersten bekannten Gesichter sah. Nach kurzer Begrüßung und etwas „Schmäh führen“, stellte ich mich zu ihnen und unterhielt mich mit ihnen. Es war eine Gruppe von vielleicht sieben, acht Personen, wobei ich etwa die Hälfte davon kannte. Aber es dauerte nicht lange, bis ich auch den Rest dieser Truppe kennengelernt hatte und so blieb ich dann die ganze Zeit bei ihnen. Darunter war auch eine sehr hübsche junge Frau und ich war sehr erfreut darüber, da sie auch noch dazu hier aus der Gegend kommt. Eigentlich dachte ich, ich würde schon alle hier Ansässigen kennen, aber, wie ich feststellte, war dem doch nicht so. So blieb ich dann eben den ganzen Abend, vielmehr die ganze Nacht bis in die frühen Morgenstunden bei dieser Truppe. Als es dann schon gegen halb vier Uhr am Morgen wurde und die Personen dieser Truppe immer weniger wurden, nach und nach ging einer nach dem anderen, blieb ich mit dieser jungen Frau schön langsam alleine übrig. Nun lehnte ich an einer der Terrassentüren am Türstock zum Ausgang auf die überdachte Terrasse des Lokals, neben mir diese junge Frau, mit der ich mich immer angeregter zu unterhalten begann, je weniger Personen dieser Truppe anwesend waren, da kam plötzlich der Barchef des Lokals auf uns beide zu und begann mit ihr zu sprechen. Hin und wieder sprach er dabei auch mit mir. Die beiden dürften sich wohl gekannt haben. Ich selbst wusste lediglich wer dieser Mann ist. Dass er hier Barchef ist und seit mehreren Jahren dieses Lokal führt. Auch ich kam nun immer tiefer ins Gespräch, doch dann wendete er sich wieder ab, was mir grundsätzlich nicht unangenehm war, denn ich hatte gehofft, er würde bald wieder gehen. Doch dann fragte er diese junge, hübsche Frau,
„wo hast‘ denn den her?“
Darauf sie,
„das ist ein Salzburger! – Der ist aber relativ oft hier. Meist ist der beim Ralph oben.“
Ralph, das ist jener Ralph T. von „Ralphs Schloss bar“, auch in diesem Ort gelegen.
Darauf der Barchef, mittlerweile wusste ich auch wie er hieß, Klaus O.,
„der ist aber nicht blöd!“
Nun meinte sie darauf,
„ja!“
Nachdem er bei ihr noch etwas nachgefragt hatte, weil ich ihm bisher nie aufgefallen war, meinte sie weiter,
„der kommt aber aus Unterach!“
Nu er,
„was! Echt? – Da kommen doch sonst nur Depperte her!“
Sie meinte darauf, das hätte sie sich auch gedacht, aber der – also ich – scheint wohl eine Ausnahme zu sein.
Nachdem ich dies mitbekommen hatte, war für mich allerdings der Abend etwas gelaufen. Das war zwar keine unangenehme Erfahrung für mich, allerdings war dies nicht so, wie ich mir dies vorgestellt hatte – zumindest nicht den Ausgang. Zu zahlen hatte ich nichts mehr, denn die Getränke wurden immer sofort kassiert, daher hatte ich mich von dieser jungen Frau noch verabschiedet und beide meinten wir noch, wir würden uns sicher bald wieder einmal sehen. Danach ging ich und setzte mich in mein Auto und fuhr weiter in mein altes Heimatdorf in dem ich aufgewachsen war, nach Unterach, dem nächsten größeren Dorf, 15 Kilometer entfernt, auch an einem See gelegen, dem nächsten größeren See im Salzkammergut.
Zurück zur Übersicht: Der “verrückte Wirt” – 1998 – (2004)