Unterach, Dienstag, der 27. April 1993:
Nun war es also so weit. Unser Architekt Thomas St. brachte am vergangenen Wochenende die Mappe mit der Bebauungsstudie für unser Grundstück in der Kohlstatt samt einem Modell einer der drei darin enthaltenen Varianten für eine Bebauung vorbei. Somit hatten wir alle Unterlagen, welche wir für unser Ansuchen um Umwidmung unseres Grundstückes in der Kohlstatt benötigten, zusammen. Daher verfassten wir am Vorabend noch ein Begleitschreiben dafür, welches mein Bruder an diesem Tag, gleich am Morgen, mit der Schreibmaschine fertig schreib.
Darin erklärten wir kurz, was wir mit unserem Grundstück vor hatten, aber auch, was wir mit dem durch den Anschließenden Verkauf des Grundstückes zu erwartenden finanziellen Mitteln vorhatten. Denn diese sollten zum einen in den Betrieb fließen, welcher leider längst hoch verschuldet war. Was allerdings auch kein Wunder war, hatte doch unser Vater als Alleineigentümer des kleinen Elektrobetriebes einst den gesamten Hausbau des Neubaus unseres Elternhauses im Dorfzentrum damit finanziert. Zum anderen wollten wir damit diesen Neubau unseres Elternhauses endlich fertigstellen und darin, neben dem Betrieb, vier eigenständige Wohnungen ausbauen. Wobei jeder aus der Familie danach seine eigene Wohnung erhalten sollte. Sowie eine weitere Wohnung vermietet werden sollte.
An diesem Vormittag wollten wir nun unser Ansuchen persönlich dem Bürgermeister Josef St. von der ÖVP in dessen Sprechstunde, welche er wöchentlich jeden Dienstagvormittag um 10:00 Uhr abhielt, vorbeibringen. Mein Bruder, der damals noch Mitglied der örtlichen ÖVP war, und auch in der Gemeinde äußerst engagiert war, hatte dem Bürgermeister unser Kommen an diesem Tag bereits angekündigt.
So gingen wir kurz vor 10:00 Uhr gemeinsam in das Gemeindeamt, um dem Bürgermeister unser Ansuchen persönlich vorzustellen. Dieser zeigte sich hoch interessiert und war zudem von der Ausarbeitung einer eigenen Bebauungsstudie für dieses Grundstückes äußerst angetan. Denn gerade in der Vergangenheit waren viele Grundstücke, wie auch jene, welche einst unseren Großeltern noch in der Kohlstatt gehörten, durch die nun erfolgte Bebauung regelrecht verschandelt worden.
Zuletzt meinte er noch, er würde dies umgehend an den Bauausschuss weiterleiten, damit dies darin auch gleich behandelt werden würde.
Unsere Vorstellung des Ansuchens dauerte vielleicht nur knapp eine Viertelstunde. Aber der Inhalt war im Dorf ohnedies längst bekannt. Bekamen wir doch bereits vor unserem Ansuchen schon derart viele Anfragen nach einem Grundstück als Bauland, sodass wir unser Grundstück beinahe zweimal verkaufen hätten können.
(2021-04-01)